Die Frage der medizinischen Notwendigkeit von BCS®-Implantaten und deren Anerkennung wird in der Rechtsprechung unterschiedlich bewertet. Drei Gerichtsurteile verdeutlichen die divergierenden Standpunkte und deren Auswirkungen auf privat (zusatz-)versicherte Patienten.
LG Memmingen, Urteil vom 17.07.2020, Az. 23 O 143/19
Das LG Memmingen entschied, dass die Einbringung von BCS®-Implantaten nicht als medizinisch notwendig zu bewerten sei. Das Gericht stellte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens fest, dass herkömmliche Implantate nach einem Knochenaufbau möglich gewesen wären. Zudem gebe es keine ausreichend belastbaren wissenschaftlichen Langzeitstudien zur Erfolgsprognose der BCS®-Implantate. Im Ergebnis stufte das Gericht die Behandlung als Wunschleistung ein und wies die Klage auf Erstattung der Kosten ab.
AG Köln, Urteil vom 08.03.2023, Az. 118 C 387/20
Im Gegensatz dazu urteilte das AG Köln zugunsten der Patientenseite und bejahte nach sachverständiger Prüfung die medizinische Notwendigkeit der Insertion der BCS®-Implantate. Die Erfolgsprognose sei mit herkömmlichen Systemen vergleichbar, und es bestehe kein erhöhtes Risiko. Zudem entfalle der bei konventionellen Implantaten oft notwendige Knochenaufbau. Das Gericht beurteilte die Versorgung als vertretbar und verpflichtete die Versicherung im Rahmen des tariflichen Leistungsumfangs zur Kostenerstattung.
LG Stuttgart, Urteil vom 08.08.2024, Az. 47 O 252/22
ausführlich s. Beitrag vom 27.09.2024
Das LG Stuttgart hatte sich mit der geplanten Einbringung von immerhin 18 BCS®-Implantaten zu befassen. Die Versicherung hatte die Kostenübernahme mit der Begründung abgelehnt, dass lediglich 14 Implantate medizinisch ausreichend seien. Auch hier bestätigte das Gericht nach sachverständiger Beratung die medizinische Notwendigkeit. Das BCS®-System erspare den zusätzlichen Knochenaufbau und damit verbundene Risiken. Außerdem sei der Implantatverlust durch Entzündungen geringer. Schließlich spielten die Herstellerempfehlungen eine Rolle: Bei Unterschreitung der empfohlenen Anzahl an Implantaten übernehme der Hersteller keine Gewährleistung, es könne zu Schraubenbrüchen kommen. Eine Abweichung von den Herstellerempfehlungen sei medizinisch nicht vertretbar.
Weiterführend
Medizinische Notwendigkeit der BCS®-Implantate in der jüngeren Rechtsprechung in PA 02/2025, Seite 2