Die Behandlung in Lokalanästhesie entspricht dem zahnmedizinischen Praxisalltag. Die Vollnarkose spielt zunehmend eine Rolle, insbesondere bei der Behandlung von Kindern. Vollnarkosen verlaufen überwiegend komplikationslos. Allerdings sind Risiken nicht ausgeschlossen. Kommt es im Zusammenhang mit einer Zahnbehandlung zum Todesfall, wirft das die Frage nach einer entsprechenden Verantwortung der beteiligten Zahnärzte und Anästhesisten auf.
In mehreren aktuellen strafrechtlichen Urteilen stand die Verantwortung der Anästhesisten im Fokus:
Das LG Frankfurt verurteilte Ende des letzten Jahres einen Anästhesisten wegen Totschlags zu einer langjährigen Freiheitsstrafe, nachdem ein vierjähriges Kind durch ein von ihm verunreinigtes Narkosemittel in einer Zahnarztpraxis verstarb (Urteil vom 01.11.2024, Az. 5/01 Ks – 7120 Js 247600/21 (1/24) ).
Im Januar 2025 sprach das LG Osnabrück ebenfalls eine Freiheitsstrafe gegen einen Anästhesisten aus (Urteil vom 30.01.2025, Az. 6 Ks 11/24, n.v.).
Das LG Hamburg verurteilte im Juli 2024 einen Anästhesisten zu einer Haftstrafe, die mitangeklagte Zahnärztin wurde freigesprochen (Urteil vom 12.07.2024, Az. 602 Ks 2/23 7200 Js 147/16 ).
Indikationen Zahnbehandlung und Vollnarkose
Die Zahnbehandlung in Vollnarkose sollte immer Ultima Ratio sein. Der Wunsch auf Patientenseite ersetzt nicht die sorgfältige Prüfung, ob eine Vollnarkose tatsächlich indiziert ist. Weil eine Vollnarkose erhebliche Folgen haben kann, liegt das Gewicht zunächst auf einer eingehenden Indikationsstellung für die Zahnbehandlung. Die Abwägung der Durchführung in Vollnarkose schließt sich dem an.
Horizontale Arbeitsteilung
Bei der Zusammenarbeit zwischen Zahnarzt und Anästhesist kommt der Grundsatz der horizontalen Arbeitsteilung zum Tragen: Jeder ist für seinen Aufgabenbereich verantwortlich. Während Zahnärzte danach für die zahnärztliche Behandlung verantwortlich sind, tragen die Anästhesisten die Verantwortung für die Vollnarkose. Das gilt auch für Zwischenfälle, die der Anästhesist zu beherrschen hat. Der Zahnarzt darf auf die fachliche Verantwortung und Fähigkeiten des Anästhesisten vertrauen. Rechtlich bedeutsam ist vor allem die korrekte Aufklärung. Der Zahnarzt ist verpflichtet, über die zahnmedizinische Behandlung aufzuklären. Der Anästhesist hat über die Narkose aufzuklären. Der Zahnarzt muss sich allerdings vergewissern, dass eine ausreichende und rechtzeitige Aufklärung stattgefunden hat. Klare vertragliche Absprachen zwischen Zahnärzten und Anästhesisten sind essenziell, um Verantwortlichkeiten eindeutig zu regeln.
Organisationsverantwortung des Zahnarztes in seiner Praxis
Zahnärzte tragen die Verantwortung für die Gesamtabläufe in ihrer Praxis. Bietet eine Zahnarztarztpraxis die Behandlung in Narkose an, muss die Praxis über die erforderliche Infrastruktur verfügen und Sicherheitsstandards bzw. die räumlichen, apparativen und personellen Voraussetzungen geschaffen haben.
Weiterführend
Zahnbehandlung in ambulanter Vollnarkose, in ZP 03/2025, Seite 3